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Was kostet uns Unsterblichkeit?


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49 replies to this topic

#1 kismet

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Posted 15 April 2009 - 01:21 PM


Ich ahne schreckliches ehe ich den Artikel gelesen habe. Die Frankfurter Allgemeine berichtet: eine Buchrezension. Ein Buch geschrieben von Bioethikern, allein das Wort "Bioethik" schmerzt bereits. Moderne Bioethik ist in meinen Augen nichts weiter als ein Fluch für die Wissenschaft; eine klaffende, eitrige Wunde die nicht heilt. Bioethiker? Reaktionär, unbeholfen, die ewig Gestrigen. Und der Artikel? Nicht viel besser als meine Vorahnung.

Das einzig Positive? Menschen setzen sich zunehmend mit dem Thema auseinandersetzen. Da fällt einem doch nur eines dazu ein...
All truth goes through three phases. First, it is ridiculed. Second, it is violently opposed. Third, it is accepted as being self evident.
Ich denke wir kommen langsam in Phase II. Als alter Zyniker und Nihilist finde ich es interessant wie gut die Theorie doch zutrifft. Aber als Humanist, als Humanist kann ich nur meinen Kopf schütteln über die Millionen unschuldigen Menschenleben die unser Zögern kostet.

(edited by Matthias: Titel berichtigt)

Edited by Matthias, 02 May 2009 - 09:36 AM.


#2 karl_bednarik

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Posted 16 April 2009 - 07:26 AM

Ich würde gerne wissen, was die erklärten Gegner der Unsterblichkeit antworten,
wenn man sie eine halbe Stunde vor ihrem Tode fragt.

Garantiert nervenzermürbend, nur für starke Persönlichkeiten,
meine 686 Beiträge zu 1000fragen Bioethik:

http://www.1000frage...fil.php?uid=398

#3 karl_bednarik

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Posted 16 April 2009 - 07:38 AM

Arthur C. Clarke hat im Rahmen seiner Werke die folgenden drei, als Gesetze bezeichnete, axiomatische Vorhersagen aufgestellt:

1. Wenn ein angesehener, aber älterer Wissenschaftler behauptet, dass etwas möglich ist, hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht. Wenn er behauptet, dass etwas unmöglich ist, hat er höchstwahrscheinlich unrecht.

2. Der einzige Weg, die Grenzen des Möglichen zu finden, ist ein klein wenig über diese hinaus in das Unmögliche vorzustoßen.

3. Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.

Von diesen drei Gesetzen hat insbesondere das dritte – nicht nur innerhalb der Science-Fiction-Literatur – den Charakter eines Sprichworts erreicht. Damit sind die drei clarkeschen Gesetze für das Genre ähnlich bedeutend wie die drei Robotergesetze von Isaac Asimov.

Magie trifft Naturwissenschaft:

http://members.chell...ik/OPERWINX.txt

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#4 Mixter

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Posted 16 April 2009 - 10:33 AM

Wie viel Ungleichheit im Zugang zu Anti-Aging-Techniken können demokratische Gesellschaften tolerieren? Dies fragt auch der Beitrag der Gesundheitsökonomen Hans-Jörg Ehni und Georg Marckmann.


Da kommt gut das wirkliche Gesicht des Egalitarismus (=Gleichmacherei) zu Tage. Die Grundidee ist, wenn nicht irgendwie absolut sichergestellt ist, dass alle sofort profitieren, ist es besser wenn man allen das gleich Schlechte aufzwingt, und wenn es ein früher Tod ist. Von Kirchenfürsten über Hegel bis hin zu Politikern, Postmodernen und Bioethikern kommt das immer als Wohltätigkeit und angebliche Demokratie maskiert daher. Würg.

Edited by mixter, 16 April 2009 - 10:34 AM.


#5 karl_bednarik

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Posted 16 April 2009 - 11:31 AM

Das schöne an den reichen Abenteurern ist ja,
dass sie freiwillig die Versuchskaninchen abgeben,
für die ersten Autos, die ersten Flugzeuge, die ersten Raumschiffe,
und sicher auch für die ersten Unsterblichkeitsmedikamente.

#6 Lothar

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Posted 16 April 2009 - 03:57 PM

@ Kismet:

Das sehe ich völlig anders. Bioethik ist für mich zunächst einmal nichts anderes als die Übertragung allgemeinerer ethischer Standards und Ideale wie Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Humanität, Menschenwürde usw. auf die Gebiete der Biologie und der Medizin. Sie stellt damit eine Art höheres Kontrollsystem bzw. eine Korrekturinstanz für die biomedizinischen Wissenschaften dar und gehört so - gewissermassen als Teil des innerwissenschaftlichen „Immunsystems" - zu allen Verfahren ihrer fortlaufenden Qualitätssicherung. Bioethik gibt es nicht zuletzt deshalb, weil sich Biologie und Medizin in der Vergangenheit der allerschwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, auch im Namen des wissenschaftlichen Fortschritts, und heute immer noch machen. Aktuelle Ausstellungen zu diesem Thema findet man schon seit ca. zwei Wochen auf der Startseite von FOREVER verlinkt. Und solange z.B. Behandlungsfehler im Krankenhaus unter den Top Ten in den Mortalitätsstatistiken sind, die Pharmaindustrie zu Profitzwecken ganze Krankheitsbilder erfindet, karrieregeile Ärzte und Wissenschaftler Patienten als blosse Versuchskaninchen missbrauchen usw. usf. sind solche Kontrollsysteme auch bitter nötig.

Wenn bioethische Experten in Fragen biomedizinischer Innovationen oder auf dem Gebiet der Langlebigkeit darüber hinaus tatsächlich überwiegend als stereotype Warner und Bedenkenträger auftreten, wenn sie also einseitig die Gefahrenaspekte gegenüber der Chancenseite betonen, dann liegt das in erster Linie an den jeweiligen philosophisch-weltanschaulichen Grundpositionen einzelner Bioethiker, nicht aber an der bioethischen Betrachtungsweise als solcher. Hier sollte man den Boten der schlechten Nachricht nicht mit der schlechten Nachricht selbst verwechseln. Diese der extremen Langlebigkeit gegenüber negativ eingestellten Grundpositionen SIND SOWIESO IN DER WELT und werden - z.B. im Falle christlich orientierter Bioethiker - von weiten Kreisen der Bevölkerung geteilt. Anders gesagt: wenn nach jüngster Emnid-Umfrage nur ca. 10% der Bevölkerung körperlich unsterblich werden will, kann man nicht erwarten, daß der Anteil unter Bioethikern wesentlich höher ist, und gemessen DARAN sind die bioethischen Kontroversen sogar ziemlich ausgewogen und fair. (Ich persönlich finde es viel krasser, daß der Anteil der Langlebigkeitsanhänger unter Mainstream-Biogerontologen vielleicht sogar noch geringer ist als in der Normalbevölkerung!? Das wäre jedenfalls einmal eine interessante Untersuchung, aber das ist auch ein anderes Thema.)

Ein polemischer Rundumschlag gegen „die" Bioethik im allgemeinen ist hier jedenfalls ziemlich kontraproduktiv und läuft auf eine völlige Ohnmachtserklärung hinaus, denn es kommt immer auf die genaue inhaltliche Sachauseinandersetzung mit den jeweils vertretenen Argumenten bzw. Basisphilosophien an, nicht auf die Ablehnung von zunächst neutralen Verfahrensweisen oder Selbstvergewisserungsinstanzen. In dieser Hinsicht finde ich beispielsweise den FAZ-Artikel ein dankbares Übungsobjekt, weil er letztlich in der Summe doch ziemlich schwache und leicht widerlegbare Einwände vorträgt. (Vermute mal, daß der rezensierte Band intellektuell eine deutlich größere Herausforderung darstellen dürfte.):

Hohe Kosten kommender Langlebigkeitstherapien? Man muß die Einsparungen auf dem Renten- und Pflegesektor plus die höhere Produktivität langlebigerer Menschen gegenrechnen, wie Anti-Aging als umfassende Präventionsstrategie sowieso medizinische Kosten in großem Umfang einspart. - Trotzdem Unsterblichkeit nur für Reiche? Unwahrscheinlich aber möglich, Kosten kann allerdings heute keiner kennen, wäre aber eine reale - existentielle! - Ungerechtigkeit, so daß der bioethische Hinweis sehr hilfreich ist, weil er den heutigen Widerstand der Massen von potentiell Nicht-Privilegierten sofort verständlich macht! - Verlängern sich die Teile des Lebens wie in einem Gummiband? Wer will denn sowas!? - Veränderungen der Lebenszeitmodelle, Generationenbeziehungen, Freizeitaktivitäten(!)? Na und, Luxusprobleme im Vergleich mit kollektivem Siechtum und Tod. - Massive soziale Regulierungen drohen? Dito. - Steigendes Lebensglück „darf bezweifelt werden"? Na dann bezweifel mal schön, lach, denn das ist nur ein subjektives Ressentiment, kein Argument usw.

Der Anfang des Artikels zeigt dagegen doch ganz deutlich, daß die Entwicklung tatsächlich voranschreitet: Aufschwung der Biogerontologie - Altern hat keinen Sinn - Altern ist flexibel - Altern ähnelt einer Krankheit - komprimierte Morbidität - der ganze Anlaß der Rezension... Wieder sind zentrale Einsichten und Voraussetzungen der Langlebigkeitsphilosophie in einige hunderttausend Köpfe geflossen und werden ihre Wirkung tun. Da ist der kritische Rahmen manchmal vielleicht hilfreicher als das positive und naive Plädoyer für die Sache.

Letztlich geschieht der Übergang von Phase 1 zu Phase 2 (oder von 2 zu 3) auch nicht „irgendwie" und automatisch. Er findet nur statt, wenn die Vertreter des neuen in der direkten und tagtäglichen Auseinandersetzung längerfristig die besseren Argumente und überzeugenderen Positionen haben als die Vertreter der konventionellen Denkweisen. Mit anderen Worten: das ist eine höchst praktische, praktisch-kommunikative, Angelegenheit. Das gilt alles auch und gerade auf dem Feld der Bioethik, wobei ich unter bioethischen Gesichtspunkten das Eintreten für die Langlebigkeit wahrscheinlich in der alten Perspektive des größtmöglichen Glücks für die größtmögliche Zahl abhandeln würde. Eine solche bioethische Begründung einer Langlebigkeitsphilosophie wäre allerdings eine eigene umfangreiche Arbeit, die ich mir jetzt so auf die Schnelle nicht zutrauen würde.

PS: Vor knapp vier Jahren hatten wir hier schon einmal einen Hinweis auf die Arbeit von Prof. Jochen Röpke, der sich ebenfalls mit ökonomischen Aspekten der Unsterblichkeit beschäftigte:

Innovationsdynamik und Lebensverlängerung

Weiß allerdings nicht, was daraus geworden ist, vielleicht kann Caliban dazu was schreiben.

#7 Lothar

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Posted 16 April 2009 - 04:02 PM

Zitat Karl Bednarik:

„Ich würde gerne wissen, was die erklärten Gegner der Unsterblichkeit antworten,
wenn man sie eine halbe Stunde vor ihrem Tode fragt."

Erstens gibt es Hunderttausende wenn nicht Millionen von Menschen allein in Deutschland und Österreich, die sich nichts sehnlicher als den Tod wünschen und zweitens geht es beim Wunsch nach Unsterblichkeit gerade nie nach dem Überleben in einer halben Stunde sondern um das antizipierte Überleben überübermorgen. Jemand der unmittelbar vom Tod bedroht ist, will deshalb noch lange nicht unsterblich werden oder auch nur seine Meinung zur Unsterblichkeit überdenken - er will in der Regel (mit einer Vielzahl von Ausnahmen, siehe oben) einfach nur überleben, z.B. durch Abwendung der Gefahr bei körperlicher Bedrohung oder durch Heilung einer akuten gesundheitlichen Gefahr etc. Philosophisch und damit auch bioethisch hat dies mit der Unterscheidung von Furcht und Angst zu tun. Der Wunsch nach dem antizipierten Überleben überübermorgen ist aber immer fundamental mit allen Frage der Lebensqualität verknüpft - wer hier ständig auf nacktes Überleben oder einfach nur auf Lebensquantität focussiert, verfehlt grundlegende psychoexistentielle Dispositionen der menschlichen Natur.

Zitat Karl Bednarik:

„Das schöne an den reichen Abenteurern ist ja,
dass sie freiwillig die Versuchskaninchen abgeben (...)"

Menschen zu Versuchskaninchen zu erklären ist immer zynisch, Zynismus wird aber auch immer massive Kritik ernten. Und gerade auch unter Langlebigkeitsgesichtspunkten ganz zu Recht, denn niemand will in einer Welt voller Zyniker leben, geschweige denn unsterblich werden.

@ mixter:

Wenn du die Frage nach sogar existentieller Gerechtigkeit als „Egalitarismus" denunzierst, wirst du dich über die größten Widerstände sowohl von Bioethikern wie der Massen von Nicht-Privilegierten gegen die Idee der Langlebigkeit nicht wundern müssen. Ausbreitungschance der Idee und finanzielle Förderbereitschaften köcheln dann weiterhin auf Sparflamme. Außerdem kann man im Kontext der Langlebigkeitsperspektive noch nicht von einem „frühen" Tod sprechen, da im Kontext der extremen Langlebigkeit immer noch ALLE mehr oder weniger „früh" sterben. Da sollte man Wünsche, unbestätigte Hypothesen und Forschungsambitionen nicht mit der Realität verwechseln sonst konstruiert man in der Abwägung unterschiedlicher Handlungsalternativen und Ressourcenallokationen schiefe Vergleiche, die leicht zu widerlegen sind.

#8 kismet

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Posted 16 April 2009 - 06:09 PM

Lothar, ich habe ein gewisses Problem über Bioethik zu sprechen. So wie meine Landsmänner ein Problem haben über den Holocaust zu reden, habe ich ein Problem über dieses abscheulich Monstrum zu sprechen. Nimm es mir also nicht übel wenn mir hie und da eine Beschimpfung herausrutscht die über ein tolerierbares Maß an Zynik hinausgeht (und es ist auch nicht persönlich gemeint).

Dir ist schon klar, dass Bioethik in Österreich und Deutschland die Wissenschaft knebelt wenn nicht gar vergewaltigt? Die Bildungselite selbst (und alle Außenstehenden die es mitbekommen) verspottet unsere absurden Gesetze und das zu Recht. Wenn nicht das Bioethikkomitee spinnt, sondern mittlerweile auch eine Auflockerung der idiotischen Gesetze fordert (in Österreich AFAIK), dann spinnt eben die Regierung. Ich verabscheue das ganze System das daran Schuld trägt nicht nur "die" Bioethik, "die" Bioethiker und unser Bioethikkomitee.  Es braucht so viel berechtigter Kritik wie nur möglich; vielleicht ändert sich dann ja etwas.

@ Kismet:

Das sehe ich völlig anders. Bioethik ist für mich zunächst einmal nichts anderes als die Übertragung allgemeinerer ethischer Standards und Ideale wie Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Humanität, Menschenwürde usw. auf die Gebiete der Biologie und der Medizin.

Dafür braucht es mMn nach nur, wie die Amerikaner sagen, "(fucking) common sense" und keine eigene Wissenschaft.  Gut, das ist vielleicht etwas idealistisch gesehen. Ich stimme zu das - in der Theorie - eine Art "Bioethik" erforderlich ist.
Mein größtes Problem ist die Ethik und Moral an sich! Ich verstehe die (momentanen) menschlichen Ideale einfach nicht und halte sie auch für alles andere als richtig, weswegen ich nicht will, dass sie mir irgendjemand aufzwingt. Ich staune immer wieder darüber was Menschen für "falsch" und "richtig" empfinden. Das einzige was Bioethik heute macht ist die Freiheit von Wissenschaftlern auf Grund von moralischer Vorstellungen einzuschränken.
Wessen moralische Vorstellungen eigentlich? Kommt wohl darauf an: Die der Mehrheit, die der Regierungspartei, die der größten Lobby oder einfach die des jeweiligen Komittees. Alles Parteien die rein gar nichts zu sagen haben sollten. Warum sollten Leute bestimmen die nicht wissen worüber sie bestimmen? Einzig Experten auf dem jeweiligen Gebiet sollten ein Recht haben zu urteilen.

Die Ironie ist ja, ich weiß, dass sich die lächerlich restriktiven Gesetze (reproduktivtes Klonen, Keimbahntherapie, etc) in der Zukunft ändern werden; ich weiß, dass es unausweichlich ist. Aber ob ich lang genug leben werde um davon zu profitieren kann ich nicht sagen. Ich weiß wie die Zukunft aussieht aber ich bin machtlos und kann sie nicht herbeiführen...

Freiheit, Toleranz und eine Priese pragmatisches Denken würde es auch tun liebe Bioethiker, Politiker und andere Narren!

Wenn bioethische Experten in Fragen biomedizinischer Innovationen oder auf dem Gebiet der Langlebigkeit darüber hinaus tatsächlich überwiegend als stereotype Warner und Bedenkenträger auftreten, wenn sie also einseitig die Gefahrenaspekte gegenüber der Chancenseite betonen, dann liegt das in erster Linie an den jeweiligen philosophisch-weltanschaulichen Grundpositionen einzelner Bioethiker, nicht aber an der bioethischen Betrachtungsweise als solcher.
Hier sollte man den Boten der schlechten Nachricht nicht mit der schlechten Nachricht selbst verwechseln. Diese der extremen Langlebigkeit gegenüber negativ eingestellten Grundpositionen SIND SOWIESO IN DER WELT und werden - z.B. im Falle christlich orientierter Bioethiker - von weiten Kreisen der Bevölkerung geteilt. Anders gesagt: wenn nach jüngster Emnid-Umfrage nur ca. 10% der Bevölkerung körperlich unsterblich werden will, kann man nicht erwarten, daß der Anteil unter Bioethikern wesentlich höher ist, und gemessen DARAN sind die bioethischen Kontroversen sogar ziemlich ausgewogen und fair. (Ich persönlich finde es viel krasser, daß der Anteil der Langlebigkeitsanhänger unter Mainstream-Biogerontologen vielleicht sogar noch geringer ist als in der Normalbevölkerung!? Das wäre jedenfalls einmal eine interessante Untersuchung, aber das ist auch ein anderes Thema.)

Leider ist die Nachricht und ihr Bote untrennbar verknüpft. Die Grundposition der meisten "Bioethiker" ist lächerlich für mich. Nicht vorausschauend sondern einzig und allein reaktionär. Du hast Recht, dass das unter anderem an der Grundeinstellung der Bevölkerung als solches liegt, aber nicht nur daran.
Mit welchem Recht sitzen Angehörige des Klerus in Bioethikkomitees? Einerseits sind sie keine Fachmännern (was sie unumstößlich disqualifizieren sollte) und andererseits hat diese sadistische, homophobe, misogynistische und verabscheuenswerte Sekte schon genug Opfer gefordert. Erst neuerlich hat "die Kirche" es geschafft Kondome zur AIDS-Vorbeugung zu verurteilen und alle Leute exkommuniziert die einem vergewaltigten 9 jährigen Mädchen zur Abtreibung verhalfen. Solchen Leuten soll ich kampflos mein Leben anvertrauen?!
Mit welchem Recht sitzen Philosophen, Anwälte, etc in Bioethikkomitees?
Mit welchem Recht dürfen sie meine Freiheit eigentlich derartig einschränken? Das hat nichts mit dem Anteil derer zu tun die unsterblich werden wollen. Es geht hier darum, dass wir angeblich in einem gottverdammten freien Staat leben. Warum sollten also meine (Forschungs-)Rechte eingeschränkt werden, selbst wenn ich niemandem damit auch nur irgendwie schade (außer vielleicht der spießbürgerlichen Pietät und Moral)? Das ist lächerlich! Das ist widerwertig! Das ist abscheulich!
Bioethik ist allem Anschein nach einfach traditionell eine reaktionäre, ewig Gestrige Kultur. Es sind ja meist nur die Kritiker und die Narren die laut schreien.

Nein, danke! Da kämpfe ich lieber mit allen Mitteln gegen diesen bösartigen Tumor (Ethik, Bioethik, Moral und wie sich das alles schimpft) an unserer Gesellschaft.

Ein polemischer Rundumschlag gegen „die" Bioethik im allgemeinen ist hier jedenfalls ziemlich kontraproduktiv und läuft auf eine völlige Ohnmachtserklärung hinaus, denn es kommt immer auf die genaue inhaltliche Sachauseinandersetzung mit den jeweils vertretenen Argumenten bzw. Basisphilosophien an, nicht auf die Ablehnung von zunächst neutralen Verfahrensweisen oder Selbstvergewisserungsinstanzen. In dieser Hinsicht finde ich beispielsweise den FAZ-Artikel ein dankbares Übungsobjekt, weil er letztlich in der Summe doch ziemlich schwache und leicht widerlegbare Einwände vorträgt. (Vermute mal, daß der rezensierte Band intellektuell eine deutlich größere Herausforderung darstellen dürfte.):

Ich finde weiterhin "die" Bioethik wie sie uns im Großen und Ganzen begegnet verabscheuenswert. Ich bin ohnmächtig egal was ich tue (was unvorstellbar schmerzhaft ist). Das was "die" Bioethik der Wissenschaftskultur angetan hat ist nicht wiedergutzumachen, auch ist dieses Verbrechen nicht in Worte zu fassen.

Diese ekelhafte Gewissheit absolut und völlig ohnmächtig gegenüber diesem wahnsinnigen Kult zu sein kann ich nur mit Zynik überkommen. Es fehlen mir einfach die Worte um dieses Verbrechen gegen die Menschheit zu beschreiben. Aber du kannst beruhigt sein, wenn ich unbeabsichtigt in meinem Leben mit Bioethik und Kritikern in Berührung komme versuche ich alles menschenmögliche um diese unvorstellbaren Irrtümer zu widerlegen (ganz sachlich und oft ganz ohne Zynik und Gift).
Natürliche versuche ich nie beabsichtigt mit Ethik in Berührung zu kommen, ich will ja keine stressbedingten Magengeschwüre kriegen.

Hier brauche ich die Wahrheit ja nicht schön zu reden...

Edited by kismet, 16 April 2009 - 06:17 PM.


#9 karl_bednarik

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Posted 17 April 2009 - 06:16 AM

Meine Meinung ist kurz und einfach: "Ich will nicht sterben".

Ob man das jetzt Furcht, Angst, oder Selbsterhaltungstrieb nennt,
das ist mir egal.

Nur extrem kurzsichtige Menschen machen einen Unterschied
zwischen einer halben Stunde und einem halben Jahrzehnt.

Wenn jemand anderer gerne sterben würde, dann ist das seine Sache,
und die geht mich nichts an.

Lothar sagt: "Das sehe ich völlig anders".

Es ist immer gut, wenn man eine andere Sichtweise zur Verfügung hat.

Es gibt keinen zwingenden Zusammenhang zwischen einer extrem schlechten
Lebensqualität und dem freiwilligen Verzicht auf das eigene Weiterleben.

Das haben die Menschen als ausgebeutete Arbeiter, als notleidende Arbeitslose,
und auch als Soldaten und Kriegsopfer deutlich vorgelebt.

Auch heute klammert sich die Mehrzahl aller Schwerkranken an ihr eigenes
Leben, und es könnte sein, dass sie gerade durch ihre Krankheit erst richtig
dazu motiviert wurden.

Die Bezeichnung "Versuchskaninchen" ist weniger Zynismus,
als viel mehr Humor.

Anousheh Ansari zahlte für ihre Reise zur ISS immerhin
25 Millionen US-Dollar.

Weitere Millionen US-Dollar stellte Anousheh Ansari für den Ansari
X-Prize zur Verfügung, um die private Raumfahrt zu fördern.

Nur die Reichen können voran gehen, denn sie können sich frei bewegen.

Irgendwer wird wohl die ersten, teuren Unsterblichkeitsmedikamente
testen müssen.

Glücklicherweise gibt es Länder, die nicht so stark durch die Bioethik
gehemmt werden, wie Deutschland und Österreich.

Bioethik und Religion: Ein jüdisch-christlicher Vergleich zur Organtransplantation
und Stammzellenforschung

http://doppelpass.wo...ellenforschung/

Giordano Bruno war ein italienischer Dichter und Philosoph.

Er wurde wegen Ketzerei und Magie durch die Inquisition im Jahre 1600
zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt.

Im Jahr 2000 erklärten der päpstliche Kulturrat und eine theologische
Kommission die Hinrichtung Giordano Brunos für Unrecht.

Nur Geduld, in 400 Jahren wird auch das Kondomverbot zurück genommen.

Edited by karl_bednarik, 17 April 2009 - 06:29 AM.


#10 karl_bednarik

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Posted 17 April 2009 - 12:49 PM

Da gibt es einige interessante Lebensläufe von relativ reichen Personen:

Anousheh Ansari (wenn ich jetzt irgend etwas sage, dann stehe ich dumm da *):

http://de.wikipedia....Anousheh_Ansari

James R. Von Ehr II (erst gerade aus, und dann zügig vorwärts):

http://www.zyvex.com...les/JVEbio.html

Nachdem man nur einmal lebt, sollte man auch damit etwas anfangen.

Auf Englisch klingt das etwa so wie "straight forward".

Gehe auf Dein Ziel zu, und lasse Dich nicht ablenken.

Wen interessiert denn die Meinung der Anderen?

Anmerkung zum Sternchen (*):

Es gibt keine Aussage, die Anousheh Ansari irgendwie gerecht werden könnte.

Solche Formulierungen wie "Superfrau" werden ihr einfach nicht gerecht.

Edited by karl_bednarik, 17 April 2009 - 01:14 PM.


#11 Guest_aidanpryde_*

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Posted 19 April 2009 - 10:59 AM

Kismet du hast mir mit dem ersten und insbesondere mit dem 2ten Beitrag aus dem Herzen gesprochen. Leider sitzen in solchen Räten nicht genug vernuftbegabte Menschen, auch wenn es sie gibt. Vieles davon was ich hier hätte sagen wollen, hast du bereits gesagt, nämlich zum Thema Bioethikrat als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Philosophen und Theologen, die nun mal das Gefühl haben wollen etwas Wichtiges und Bedeutendes zu tun oder ein Teil dessen zu werden. Anscheinend ist ja die Diskussion um die Existenz der Vorhölle erschöpft, es gibt sie ja jetzt nicht mehr und man wendet sich neuen "Herausforderungen" zu. Diese Art von Ethik und Moral ist an sich unethisch und unmoralisch. Diese Menschen nehmen sich heraus, sich an die Wand zu malen und zu sagen: "Ecce homo!". So wie ich bin, so wie ich zu denken pflege, so ist es richtig, so sollst du auch sein!

Diese Menschen dürfen über Dinge entscheiden von denen sie in der Regel nicht ein Quentchen Ahnung haben. Wenn ich vor wichtiger Fachlektüre sitze, wie z.B. essentials der Stammzellbiologie und dann Kapitel sehe, die sich mit Religion und Forschung beschäftigen, so dass sich niemand auf den Fuß getreten fühlt, wird mir auch schlecht. Diese Theologen sind Feinde der Wissenschaft, ah des ganzen irdischen Daseins, sie ist ihnen ein Dorn im Auge, auch vielen Pseudophilosophen von Heute, die nur noch Wiederkäuer alter Werke sind, die frei und selbst zu denken nie gelernt haben.

Müssen wir vor diesen Menschen kriechen, so wichtige Entscheidungen in Hände der Mitglieder einer Organisation legen, die Wissenschaftler einst verbrannte, es heute auch tun würde? Nur ein Mangel an Macht ihrerseits beschützt uns. Eine Organisation, wie die katholische Kirche, die Moral und Ethik predigt und während dessen Millionenzahlungen für Stillschweigen an minderjährige Opfer von Vergewaltigungen zahlt? Menschen wie Giordano Bruno, Galilei und Kopernikus drehen sich bestimmt bei der Vorstellung im Grabe um, haben diese Menschen Leben oder Freiheit geopfert und wir sollen das vergessen?

#12 kismet

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Posted 19 April 2009 - 04:11 PM

Mir ist noch eine einfache Formulierung eingefallen:
Bioethik, ja. Bioethikkomissionen mit rechtsschaffender oder selbst rechtsberatender Funktion, grundsätzlich oder eher nein. Derartige Kommissionen verbieten nur um des Verbieten's willen und regeln nur um des Regeln's willen (ist ja auch ihre Aufgabe; Man darf nicht vergessen die Kritiker schreien immer am lautesten, die Leute die es nicht stört bleiben meist still [warum soll ich mich aufregen wenn mich der status quo nicht stört]. Zum Leidwesen aller beteiligten.). Deshalb, und wegen ihren anderen Unzulänglichkeiten, werden meist nur weitere nutzlose Gesetze geschaffen, die völlig überflüssig sind, weil bereits alles menschennötige durch a. die Verfassung b. Universal Declaration of Human Rights c. Deklaration von Helsinki und d. bereits bestehenden Gesetzen geregelt ist. Brauchen wir weitere Gesetzen die unsere Freiheiten mehr beschneiden als nötig? Will mir irgendjemand ernsthaft einreden, dass unsere Gesellschaft nicht funktionsfähig sei wenn wir uns an ^ diese Konzepte und Gesetze halten? Wozu diese Überregulierung?

Das Verbot von Keimbahntherapie, teilweise Verbote von Stammzellenforschung, etc sind völlig weltfremde, rein religiöse Bestimmungen. Was ist aus der angeblichen Trennung von Kirche und Staat geworden?

Wie hätte Bioethik Tuskegee verhindert? Was an den pseudowissenschaftlichen Greueltaten von Joseph Mengele et al. verändert? Gar nichts! Wozu auch, das alles war menschenverachtend und gegen jegliches gängige Recht. Es exitieren ausreichend Gesetze die uns schützen (sollen).

Bioethik muss eine reine Diskussionfunktion zukommen die bei der Meinungsbildung hilft, um selbst dieser Funktion nachzukommen bräuchte es noch gewaltige Veränderungen (momentan grenzt Bioethik ja mehr an Propaganda der vokalen Minderheit bzw. der Unwissenden). Philosophie ist nicht Recht und Recht ist nicht Philosophie.

Edited by kismet, 19 April 2009 - 04:26 PM.


#13 Lothar

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Posted 22 April 2009 - 03:37 PM

@ Kismet:

Sorry, aber diese Art von Rundumpolemik finde ich völlig unkonstruktiv und undifferenziert. Wir leben nun mal nicht allein auf der Welt sondern müssen uns mit dem „Rest" der Menschheit über Spielregeln des Zusammenlebens verständigen. Um nichts anderes geht es bei Fragen von Ethik und Moral, die dann wiederum politische Auswirkungen zur Folge haben. Das gleiche gilt für Biomediziner, die wissenschaftliche Autorität nur in den unmittelbaren Fachfragen beanspruchen können und genau dort werden sie in der Regel als Gutachter oder Experten auch gehört. Die Frage, welche Arten von Risiken die Gesellschaft eingehen will, welche Art von Forschung sie als Steuerzahlergemeinschaft fördern will, welche politischen, sozialen, ökonomischen... Auswirkungen bestimmte Forschungen haben, wer von welchen Forschungsergebnissen in welcher Weise profitieren darf oder in welcher Art von Welt wir alle leben wollen oder nicht usw. usf. sind aber alles keine wissenschaftlichen Fachfragen mehr sondern allgemein menschliche oder politische, auf die jeder eine eigene Antwort geben darf und soll. Das tust du ja selbst auch, obwohl du nicht vom Fach bist, denn JEDER ist ein „Bioethiker", der ein Werturteil über die biomedizinische Forschung abgibt, egal ob mehrheitlich begeistert zustimmend, empört ablehnend oder differenziert abwägend irgendwo dazwischen. Es wäre nur naiv zu erwarten, daß die eigene Meinung umstandslos zur allgemeinen Richtschnur erhoben wird.

Wenn du daher der Ansicht bist, daß deine eigenen Positionen und Interessen unterrepräsentiert sind, mußt du schon einiges dafür tun und dich an den richtigen Stellen einbringen, aber nicht als anonyme und damit so risikolos wie unverbindlich bleibende Klage im Internet. Und „machtlos" bist du da nur, wenn du Omnipotenzphantasien hegst. (= „Ich will alles und zwar sofort!") Da es außerdem wie angedeutet bioethisch im Kern gar nicht um die wissenschaftlichen Sachfragen als solche geht, sondern um vorgelagerte Bedingungen bzw. nachgeordnete Konsequenzen wissenschaftlicher Forschung, eben primär um ihre Bewertung und Einordnung in übergeordnete soziale und geistige Zusammenhänge, wären einzelne sachlich-faktische Irrtümer von einzelnen Kontrahenten der Debatten auch stets von sekundärem Interesse. (WIE man zum Mond fliegt, können nur die Raketentechniker entscheiden, warum wir zum Mond fliegen sollen, warum nicht zum Mars, ob wir überhaupt Weltraumfahrt betreiben sollen, wann wir das Projekt starten usw. sind tendenziell alles fachfremde Fragen der allgemeinen Prioritätensetzung, in die Sachzusammenhänge nur mal mehr oder mal weniger mit eingehen können.) Im übrigen liefe ein grober Sachirrtum der Gegenseite immer auf einen Argumentationsvorteil für die eigene Position hinaus, was Anlass zur Freude bieten müsste, anstatt zu polemischer Häme. Dies im einzelnen und beharrlich nachzuweisen ist freilich um einiges schwieriger und anstrengender als solche bequemen Rundumschläge gegen bioethische (oder z.B. auch wissenschaftspolitische) Begründungszusammenhänge von wissenschaftlicher Forschung im allgemeinen.

Ebenfalls naiv finde ich die mit dieser Polemik einhergehende Glorifizierung von Medizin und Wissenschaft bzw. die Ausblendung ihrer potentiellen Schattenseiten. Ich habe letzteres eingangs in meinem ersten Beitrag schon angedeutet und muß das nicht wiederholen. Für dich scheinen Medizin, Stammzellforschung u.ä. ja geradezu Heilslehren zu sein, in die du über zu erwartende Forschungserfolge hinaus sachfremde Erwartungen hineinlegst, die sie von ihrer Wesensnatur her gar nicht erfüllen können (Glück, Sinn, Orientierung, Identität...???). Der tiefere Witz institutionalisierter bioethischer Diskurse liegt aber gerade darin, daß moralischen Sollensforderungen oder Werturteilen im Kontext neuer Technologien eine rationale Begründung abverlangt wird, eine Zumutung, an der z.B. die religiöse Tradition sehr viel mehr zu knabbern hat als säkular orientierte Wertesysteme, da traditionell über moralische Inhalte nicht diskutiert wurde - da wurde einfach nur dekretiert. Um so mehr fällst du selbst in ein traditionell-autoritatives Verfügungsmuster, wenn du deine legitime und subjektive Parteinahme mit einer sachlichen Wahrheitsaussage verwechselst, wenn du also durch eine emotionalisierte Rhetorik eigene Werte bloß (durch-)setzen willst, anstatt sie argumentativ herzuleiten und sachlich-inhaltlich am konkreten Detail zu begründen.

Bioethikkommissionen sind letztlich nichts anderes als eben institutionalisierte Gremien und Verfahren, um den sowieso in einer Gesellschaft bestehenden ethisch-moralischen Positionen und Debatten einen festen Ort zu geben und sie systematischer zu verfolgen. Sie haben in der Regel auch nur eine beratende Funktion insbesondere für Gesetzgebungsverfahren und nur begrenzte Entscheidungsbefugnis. Dort sitzen auch nicht nur Theologen und Philosophen, nicht alle Theologen oder gar Philosophen sind von vorneherein strikte Gegner jeglicher biotechnologischer Forschung, wie auch nicht alles, was wissenschaftlich neu oder machbar ist, von vorneherein ethisch-moralisch akzeptabel ist, auch und gerade im Sinne einer nicht-religiösen, (trans)humanistischen Ethik. Ob Bioethik tatsächlich Bioethikkommissionen braucht, finde ich zumindest eine interessante Frage, aber die Alternative wäre meines Erachtens bloß, daß sich die heute dort zu Tage tretenden Diskussionen, Interessen und ideologischen Lager wieder stärker in die internen Parteigremien der politischen Parteien zurückziehen und dort einer noch geringeren öffentlichen Kontrolle unterliegen. In einem nationalsozialistischen Führerstaat wie in Diktaturen überhaupt gibt es natürlich keine Bioethikkommissionen, aber selbst der Nationalsozialismus musste den Massenmord an den Juden nach außen hin, sogar dem eigenen Volk gegenüber, verheimlichen. Ein Mengele ist daher unter den Vorzeichen einer demokratischen Öffentlichkeit schwer vorstellbar, wie solche Entscheidungsfindungsverfahren, so kompliziert, umwegig und anstrengend sie auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, letztlich Ausdruck einer demokratischen Kultur sind, in der dem einzelnen Individuum ein höherer Stellenwert zukommt, als z.B. in der autoritären Volksgemeinschaft. Und wie schon mal gesagt: man sollte nicht den Boten der schlechten Nachricht köpfen wollen. Wenn beispielsweise der Einfluß traditioneller Religionen auch in Bioethikkommissionen relativ stark ist, dann liegt das an der immer noch weiten Verbreitung traditioneller Religion in der Gesellschaft - nicht umgekehrt.

Schließlich: Wenn von den Hunderttausenden atheistischer/agnostischer Ärzte, Biologen, Biologie- und Medizinstudenten, einschließlich aller Gentechnologen, Stammzellforscher und gerade auch aller Biogerontologen, allein in Deutschland und Österreich weniger als 1 Promille(!) hier auf ImmInst auftauchen, auch sonst nicht weiter immortalistisch in Erscheinung treten während sich gleichzeitig viele sogar aktiv von den Zielen der extremen Langlebigkeit distanzieren - glaubst du tatsächlich, das liegt an der Macht bioethischer Kommissionen, dem Vatikan oder dem Rat der Evangelischen Kirche, lach!?

usw.

Zur Einführung in die Bioethik:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bioethik

@ aidanpryde:
Religionspolemik finde ich noch abwegiger. Im Jahre 2009 in dieser Form auf die Religion einzuprügeln ist intellektuell ungefähr so mutig und - immortalistisch gesehen - dringlich bzw. relevant, wie gegen die Wiedereinführung der Monarchie zu sein o.ä. Was ist so schwer an der Einsicht, daß es historisch und geistesgeschichtlich gesehen ohne traditionelle Religion gar keinen Unsterblichkeitsgedanken gäbe, es sind dagegen die säkular-rationalen und atheistischen Menschen, die in ihrer übergroßen Mehrheit oder mindestens in ihren geistigen Wortführern bislang immer noch den ewigen Tod anbeten!? Laßt doch die toten Religionskritiker ihre toten Religionen begraben, konzentriert euch auf das neue und positive bzw. auf die wichtigeren Widerstände, denn wir leben nicht mehr im Mittelalter oder auch nur in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts.

#14 Lothar

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Posted 22 April 2009 - 03:59 PM

@ Karl Bednarik:

Da du diesen Gedanken über die Reichen als Versuchskaninchen der Langlebigkeitsforschung seit Jahren hier und woanders variierend wiederholst, bin ich bisher davon ausgegangen, daß du ihn mehrheitlich ernst meinst. Dadurch verwandelt sich der Humor aber in Zynismus. Es ist Teil deiner Standardentgegnung auf den Einwand, Langlebigkeit oder Unsterblichkeit sei nur für Reiche oder Millionäre. Der Idee, daß neue medizinische Möglichkeit sich unter Umständen erst unter privilegierteren Mitgliedern einer Gesellschaft durchsetzen und dann mittel- und langfristig der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, kann ich in einer gemässigten Form sogar zustimmen, als EIN mögliches Szenario, das im übrigen einer längst schon bestehenden und durchaus ambivalenten Realität entspricht. Es würde allerdings auf eine deutliche und zusätzliche Verlängerung des Zeitrahmens bis zur allgemeinen Verfügbarkeit von Langlebigkeitstechnologien hinauslaufen, was jegliche Kurzfristprognosen verbietet. Die zugespitzte Form - echte „escape velocity" für wenige, Altern und Tod für die Massen - halte ich dagegen aus verschiedenen Gründen für unwahrscheinlich, wobei eine nähere Begründung jetzt zu weit führen würde. Das ist wohl auch ein Thema des rezensierten Bandes.

Natürlich hat der unmittelbare Selbsterhaltungstrieb wenig mit den Fragen der Lebensqualität zu tun hat, darum ging es aber gar nicht. Einen Selbsterhaltungstrieb gibt es schon bei Tieren, der explizite Wunsch nach körperlicher Unsterblichkeit ist von seinen psychologischen Voraussetzungen und Folgen her völlig anders strukturiert, wie eben mit steigenden Lebensaltern und resultierender steigender Todesnähe der allgemeine Lebenswunsch der Menschen bislang nicht zu- sondern abnimmt. Das zeigen nicht nur vielfältigste Alltagserfahrungen sondern wird mittlerweile auch von verschiedenen Untersuchungen empirisch untermauert. Und dies kann am zwanglosesten eben mit den vielfältigen Einschränkungen der Lebensqualität im Alter erklärt werden, weshalb ja auch der stereotype Einwand gegen die physische Unsterblichkeit „Ich will nicht ewig alt sein!", wie er immer wieder auf's neue in irgendwelchen Internetdiskussionen formuliert wird, so absurd ist, wenn es gerade um die grundlegende Überwindung des Alterungsprozesses geht, also um die biologische Basis eines übergroßen Anteils dieser Einschränkungen. Da die Kritiker sich aber nicht auf diesen Gedanken einlassen wollen, können sie auch die irgendwie fest verdrahtete Verknüpfung von länger leben=älter werden=hinfälliger werden, nicht aufgeben. Das hat wenig mit wissenschaftlicher Logik und stringenter Argumentation zu tun, aber sehr viel mit Psychologie, Kommunikationsmustern und Gruppenphänomenen verschiedenster Art. Man muß sogar zugestehen, daß die Position der Kritiker sowohl menschheitsgeschichtlich wie alltagsempirisch im höchsten Masse vernünftig ist, denn es ist die Position des modernen Immortalismus, die zunächst gegen allertiefste Intuitionen verstösst. Daher sind WIR in der Beweispflicht, wenn wir hier eine höhere Wahrheit oder ein höheres Ziel zur Geltung bringen wollen und sollten uns über massiven Widerstand oder auch nur blosses Desinteresse nicht wundern.

Im übrigen spiegelt sich die Einheit von Unsterblichkeit und zugespitzter Lebensqualität schon in den Paradiesmythen traditioneller Religionen wider, wie der Niedergang des christlichen Gottesglaubens wahrscheinlich einsetzte, als die mittelalterliche Kirche ihre Drohungen mit den ewigen Höllenqualen immer weiter forcierte. Die Menschen wollen lieber gottlos und ewig tot sein als ewigen Folterqualen ausgesetzt, was auch noch einmal unterstreicht, daß blosse Langlebigkeit ohne nähere Bestimmung der Lebensqualität ein leeres Ideal bleibt. Dabei sind die kollektiv imaginierten bzw. antizipierten Einschränkungen der Lebensqualität durch den herkömmlichen Alterungsprozeß natürlich nur ein wenn auch wichtiger Aspekt dieses Themenkomplexes.

Außerdem neigen Menschen von ihren natürlich gegebenen Voraussetzungen her tatsächlich nicht zur „Langsicht", sondern das Denken in oder das Vorwegnehmen von größeren Zukunftszeiträumen muß kulturell erlernt werden und wird auch nur von ganz bestimmten geistig wie materiell privilegierten Gruppen in der Gesellschaft in stärkerem Masse eingeübt. Sie ist dabei generell schon Ausdruck von allgemeineren Zeitmustern oder Zeitmodellen vorwiegend der westlich-abendländischen Kultur, die sich über viele Jahrhunderte entwickelt haben und keineswegs einen universellen Charakter besitzen. In dieser Perspektive müsste ein Zeitraum von 5 Jahren - leider - schon als ziemlich lang eingestuft werden, während es im Kontext extremer Langlebigkeit natürlich um ganz andere Dimensionen ginge, und zwar um genau solche Zeiträume, die JENSEITS des „existentiellen Zeithorizontes" liegen, wie ich das einmal getauft habe. Der existentielle Zeithorizont ist individuell verschieden weil altersabhängig bzw. liegt allgemein bei der heute offiziell verkündeten maximalen Lebenserwartung von ca. 120 Jahren. Der existentielle Zeithorizont betrüge für einen 80-jährigen somit 40 Jahre, für einen 20-jährigen 100 Jahre usw. (Genau genommen ist er eigentlich 10-20 Jahre geringer, da es für die meisten Menschen extrem unwahrscheinlich ist, selbst mit besonderen Anstrengungen in die Nähe der maximalen Lebenserwartung zu kommen.)

Die Frage der Langsicht ist jedenfalls ein altes Thema der Sozialpsychologie, auf das ich bei zwei anderen Gelegenheiten kürzlich näher im immortalistischen Kontext eingegangen bin:

Ereignishorizont der Ewigkeit
„Blöde Zeitstruktur"

Dort findet man auch weiterführende Links und Literaturhinweise, im Anhang des ersten Textes.

#15 caliban

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Posted 22 April 2009 - 08:59 PM

Viele Bioethikkomissionen suchen dringend Laienmitglieder. Einfach mal vorsprechen.
Gibt auch Kaffee und Kuchen.

#16 karl_bednarik

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Posted 23 April 2009 - 09:05 AM

Allgemeiner Standpunkt:

Auf der Erde, aber auch in Europa, gibt es eine Reihe von Staaten,
in denen die biologische Forschung nicht so stark durch die Gesetze
behindert wird, wie in Deutschland und in Österreich.

Diese Staaten werden in der nahen Zukunft einen großen wirtschaftlichen
Vorteil aus ihrem Wissensvorsprung erarbeiten können.

Die braven Deutschen und Österreicher werden dann zur
Lebensverlängerung in diese Länder reisen müssen.

Es war bisher immer so, daß die Reichen die teuren Objekte zuerst
verwendeten, und daß dann die teuren Objekte durch Massenproduktion
deutlich billiger wurden. (Das galt vom Pfeffer bis zum Raumschiff.)

Weil die Reichen keine langen Ohren, und kein flauschiges Fell haben,
ist die Bezeichnung "Versuchskaninchen" nicht zutreffend.
(Die erste Hälfte dieses Satzes ist scherzhaft gemeint, die zweite nicht.)

Mein persönlicher Standpunkt:

Ich will nicht sterben, weil ich einen Selbsterhaltungstrieb habe.

Mein Selbsterhaltungstrieb entsteht nicht aus logischen Entscheidungen.

Meine psychologischen Motive sind die logische Konsequenz meiner
Triebe und Instinkte.

Ich wurde atheistisch erzogen, und wenig vom christlichen Umfeld beeinflußt.

Mein bewußter Wunsch, nicht zu sterben, hat sich seit dem Jahre 1957
nicht verändert. (Damals war ich elf Jahre alt.)

Für mich ist es leicht vorstellbar, was ich eine halbe Stunde vor meinem
Tode sagen werde. (Das gleiche wie jetzt.)

Im allgemeinen bin ich gewohnt langfristig zu planen, zum Beispiel
verfolge ich mein Mikroroboter-Projekt schon seit dem Jahre 1969.

Mir ist völlig egal, was andere Menschen mit sich selbst machen.

Was ich mit mir selbst mache, das geht niemand anderen etwas an.

Ich erwarte mir von der biologischen Forschung primär eine
Verlängerung meines Lebens.

Etwas später erwarte ich mir von der biologischen Forschung
eine Beseitigung meiner Alterserscheinungen.

Ich bin bereit, viele Jahrzehnte als Zittergreis zu verbringen,
wenn danach die ewige Jugend auf mich wartet.

Bisher hat die biologische Forschung eine ganze Reihe von
früheren Heilserwartungen weit übertroffen. (In meiner Kindheit
hatte ich noch berechtigte Angst vor der Kinderlähmung.)

Mein erster Tipp: Verhaltet euch konsequent individualistisch.

Mein zweiter Tipp: Wählt keine Partei, die die Forschung behindert.

Mein dritter Tipp: Hört nicht auf fremde Meinungen (meine eingeschlossen).

Erläuterung: Das ist meine Meinung, sie stammt von niemandem anderen,
und sie ist auch für niemanden anderen verbindlich.

An caliban: Darf man auch Waffen mitbringen? (Vorsicht, Scherz.)

Edited by karl_bednarik, 23 April 2009 - 09:27 AM.


#17 Guest_aidanpryde_*

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Posted 23 April 2009 - 10:20 AM

@Lothar

Ich finde den Vergleich zwischen Monarchie und Religion absolut verfehlt. Das eine wieder herzustellen würde mehr Anstrengung bedürfen, die Religion jedoch ist da und nagt weiterhin wie ein Krebs, den wir keineswegs vernachlässigen dürfen. Die Freiheit ist nicht etwas konstantes, von Dauer, sondern muss immer wieder verteidigt werden. Was es den intellektuellen Mut angeht, so ist mir nicht klar in welcher Hinsicht du diesen meinst. Falls du der Meinung bist, es sei nicht sonderlich schwer Argumente gegen die Religion vorzubringen, so sind wir hier einer Meinung, mit diesen aber wirklich etwas zu erreichen insbesondere bei Menschen, denen es klar an einer guten naturwissenschaftlichen Bildung fehlt, ist eine Geschichte für sich. Diese Menschen auch noch in einem säkularisierten Staat in Gremien einzusetzen in denen ihnen die Möglichkeit gegeben wird, etwas durch Worte zu sabotieren, was durch Scheiterhaufen nicht mehr gelingt, ist lächerlich. Die Behauptung ohne die Religion gäbe es dieses oder jenes nicht, insbesondere den Gedanken der Imortalität, ist falsch. Fast schon, man verzeihe mir den Ausdruck, so dreist wie zu behaupten ein Mensch oder Gott, der von Menschen an einem Kreuz hingerichtet wurde, hätte eben diese Menschen erlöst.

Das hier ist eine Kausalitätsfrage, also ist es wert noch einmal darüber nachzudenken was realistischer wäre:
- Haben die Menschen zuerst darüber nachgedacht, wie schön es wäre nicht sterben zu müssen oder geliebte Menschen zu verlieren, weil sie diese Dinge tief erschüttert haben und haben sich erst dann die Religion dazu gedichtet um eine psychologische Krücke zu haben?
- Oder haben sie sich erstmal einige Gottheiten ausgedacht, die dazu gehörigen Anbetungsrituale usw., weil der Tag zu lang war und dann erst später diesen auch noch den Gedanken des Lebens jenseits der Erde dazu gegeben?

Persönlich denke ich eher, dass die Not erfinderisch macht, nicht anders herum.
Man kann natürlich den Tag damit verbringen über diese Frage nachzudenken und darüber zu philosphieren, persönlich fehlt mir die Zeit. Zumindest ist aber diese Frage leichter als die betreffend Henne und Ei. Vertraue da wie der gute Kismet jedoch lieber auf meinen gesunden Menschenverstand und einfach etwas Vernunft. Etwas woran es vielen mangelt, selbst bei gebildeten Menschen, die es geschafft haben, sich diese Eigenschaften in Einzelteile zu zerlegen, ihnen ihre Bedeutung zu rauben und sie sich in vielen kleinen Gedankenschritten "wegzudenken" um nicht zu sagen "wegzulügen". Anscheinend muss man in seinem Denken etwas mehr Klarheit und Härte haben, sich nicht in unbedeutenden Wortspielen verlieren, um sich diese Eigenschaften zu erhalten. Dies in Worte zu fassen gelingt mir nicht, der eine wird sich darin wiederfinden und es verstehen, der andere nicht.

#18 Lothar

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Posted 23 April 2009 - 08:36 PM

@ Karl Bednarik:

„Alle Kreter lügen - sagt der Kreter." ;)


@ aidanpryde:

Der Unsterblichkeitsgedanke ist seit Jahrtausenden zentraler Bestandteil unterschiedlichster Religionen, wie es nicht-religiöse Menschen in vormodernen Zeiten nur in verschwindend geringer Anzahl gegeben hat. Religion ist auch keine reine Sache der Logik, der Theorie/Theologie, des abstrakten Arguments o.ä. sondern vor allem der individuellen Erfahrung und gelebten Gemeinschaft, damit der Psychologie, der Sozialpsychologie und der Alltagspraxis. Als Immortalist brauchst du bei traditionell religiösen Menschen nichts „erreichen" - das machen zum einen unzählige andere Menschen für dich bzw. liefe auf einer anderen Ebene auf seelischen Masochismus hinaus, insbesondere wenn du glaubst, du könntest mit blossen Argumenten Menschen ihre gelebten Erfahrungen oder sozialen Beziehungen ausreden. Seelischer Masochismus wäre es auch, Religionskritik primär mit naturwissenschaftlichen Mitteln betreiben zu wollen, da traditionelle Religion nur sekundär Aussagen auch über die äußere, natürliche Welt macht(e), während es primär zum einen um metaphysische Gegenstände geht, zum anderen eben um subjektive Erfahrungsmöglichkeiten bzw. um das soziale Miteinander.

usw.

Zur Frage der Entstehung, des Wesens, der Ausbreitung aber auch des Niedergangs oder des fundamentalistischen Revivals von Religion empfehle ich religionswissenschaftliche Literatur, denn man braucht da keineswegs auf Basis des „gesunden Menschenverstandes" herumzuspekulieren. Ich will hier niemandem seinen ganz persönlichen Religionsgroll absprechen, denn der hat sowieso tiefe Wurzeln in der individuellen Lebensgeschichte oder im direkten Lebensumfeld und damit eine subjektive Notwendigkeit, sondern mir geht es hierbei um eine Positions- und Aufgabenbestimmung des modernen Immortalismus hinsichtlich allgemeinerer Prioritäten. Angesichts der Tatsache, daß heute keine Scheiterhaufen o.ä. mehr drohen und es längst Abermillionen rationalistische Atheisten/Agnostiker in unserer Gesellschaft gibt, die sich allerdings nicht nur nicht aktiv für die Langlebigkeit einsetzen sondern in ihren Wortführern sogar für den ewigen Tod aussprechen, erscheint mir Religionspolemik daher rückwärtsgewandt, einseitig zugespitzt und völlig drittrangig. Aber wie gesagt: wenn es dir ein persönliches Anliegen ist, dann nur zu.


@ Caliban:

Danke für den Hinweis. War mir nicht so präsent, ist aber tatsächlich eine verbreitete Praxis, wie ich jetzt via Google gesehen habe. Über die verschiedenen Formen von Bürgerbeteiligungen hinaus sind die wichtigsten bzw. einflußreichsten „Laien" in den Bioethikkommissionen dabei natürlich die Politiker, weil SIE in der Regel die letzte Entscheidungsbefugnis haben, jedenfalls in der resultierenden Folge der Gesetzgebungsverfahren. Schon von daher ist die Polemik gegenüber konservativen Theologen oder Philosophen völlig überzogen. (Die auch nicht einfach nur „eingesetzt" werden, aidanpryde, die setzen sich selbst ein, d.h., die engagieren sich einfach für ihre Sache.)

Übrigens taucht dein Name schon im Vorwort des rezensierten Suhrkamp-Bandes 'Länger leben?' auf, in einer Fußnote und in deiner Eigenschaft als Herausgeber des ersten ImmInst-Bandes. Wie man sieht: die allgemeine Debatte um die Langlebigkeit schreitet voran, obwohl die Mehrzahl der Beiträge dort wohl noch eher einen ablehnenden Charakter besitzt.

#19 karl_bednarik

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Posted 24 April 2009 - 05:47 AM

An Lothar: "Alle Kreter lügen - sagt der Kreter" trifft es nicht ganz.

Mit "Hört nicht auf fremde Meinungen (meine eingeschlossen).
Das ist meine Meinung, sie stammt von niemandem anderen,
und sie ist auch für niemanden anderen verbindlich"

meinte ich nicht, daß meine Meinung falsch ist, sondern, daß
meine Meinung vorwiegend oder ausschließlich für mich gültig ist.

Das ist auch der Grund, warum ich niemanden von irgend etwas
überzeugen will, sondern daß ich mich nur selbst darstelle.

Wenn jemand gerne sterben will, ist mir das egal. Wenn einige Länder
die Forschung verbieten, dann bevorzuge ich eben die anderen Länder.

Im Gegenzug dazu, kann mich auch niemand von irgend etwas überzeugen.
(Von mir selbst gemachte physikalische Experimente ausgenommen.)

Noch ein Nachtrag zu meiner persönlichen Meinung:

Objektiv gesehen, hat das Leben keinen Sinn, und beruht auf Zufällen.

Subjektiv gesehen, ist der Sinn des Lebens, daß es angenehm ist.

In der physikalischen Welt gibt es vermutlich keinen Gott, keine
Engel und Teufel. (Ich bin Agnostiker, und nicht Atheist.)

Als angeborene Gehirnstrukturen könnte es aber Gott, Engel und
Teufel schon geben. (Vielleicht, weil sie evolutionär nützlich waren.)

Wir leben aber geistig nicht in der physikalischen Welt, sondern
in unserem Weltmodell, in unserem Gehirn. (Deshalb kann man
prinzipell nicht entscheiden, ob man wach ist, oder träumt.)

#20 Guest_aidanpryde_*

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Posted 24 April 2009 - 02:02 PM

Seelischer Masochismus wäre es auch, Religionskritik primär mit naturwissenschaftlichen Mitteln betreiben zu wollen


Eher eine seelische Folter stellt für mich eine immer wieder ins leere laufende Diskussion über Religion dar, daher gelten nur naturwissenschaftliche Mittel. Alles andere ist nämlich nichts, um das man sich mit vielen leeren, gewichtig klingenden Worten unterhält, doch mit dem Nichts beschäftigen ist sinnlos. Ein Gott empfängt Millionen an Gebeten täglich, das sollte man messen können, wenn es soweit ist, bitte ich um Benachrichtigung, bis dahin ist Religion purer Schwachsinn und gehört so behandelt.

da traditionelle Religion nur sekundär Aussagen auch über die äußere, natürliche Welt macht(e)


Daher soll sie bzw. ihre Vertreter ihre Hände weg lassen von der "äußeren", "natürlichen" Welt und in ihrer imaginären verbleiben. ;)

Oder wir verlangen einen Ethikrat in dem Wissenschaftler teilnehmen dürfen und den kirchlichen Unterricht kontrollieren dürfen, so z.b. die psychische Folter und Vergewaltigung von Kindesgehirnen durch hirngewaschene Erzählungen a la Hölle/Fegefeuer. Was für eine Implikation durch Theologie/Pseudophilosophie überhaupt entsteht, als gäbe es natürliche Welten und darin Nichtwelten. Trennung zwischen sogenanntem Geist von der Materie, die ihn überhaupt erst möglich macht. Eine riesige, angesammelte Menge von imaginären Dingen und leerem Nichts. Hier wegen tut es einem weh, zu sehen, dass Theologiestudenten mit BAFÖG unterstützt werden. Das Geld könnte man sicher besser und sinnvoller gebrauchen, da wären z.B. tausende von heliumgefüllten Ballons mit Herzen darauf, zum Verschenken an Passanten usw.

Angesichts der Tatsache, daß heute keine Scheiterhaufen o.ä. mehr drohen


Falsch, sie drohen auf jeden Fall solange eine Institution wie die Kirche weiter ihr Unwerk treiben darf und solange sie die Wissenschaft sabotieren und vergewaltigen darf. Hier wird ihr ein mächtiges Werkzeug zur Seite gestellt. Solange ich einen deutschen Papst in Frankreich Reden schwingen höre, die von der Aufhebung der Trennung zwischen Staat und Religion handeln, so lange spüre ich einen warmen Zug um meine Füße herum. Schade bloß, dass die Franzosen nicht mit allen Mitteln hart bis in die Knochen säkularisiert sind wie die Türkei, wüsste gerne was dort mit so einem Geistlichen geschehen wäre. Hier natürlich nicht, denn wir ersaufen an unserer Toleranz gegenüber den Dummen. ;)

#21 karl_bednarik

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Posted 24 April 2009 - 04:12 PM

Deinen Vorschlag:

"wir verlangen einen Ethikrat in dem Wissenschaftler teilnehmen dürfen und den kirchlichen Unterricht kontrollieren dürfen, so z.b. die psychische Folter und Vergewaltigung von Kindesgehirnen durch hirngewaschene Erzählungen a la Hölle/Fegefeuer"

finde ich allen Ernstes sowohl originell, als auch sachlich völlig richtig.

Sex ist "Sünde", und Sünden muß man "beichten", igitt, so züchtet man Klemmis.

***

Die Trennung von Körper und Geist kann man als den
Unterschied zwischen Hardware und Software auffassen,
oder die Aufteilung in physikalische Welt und inneres Weltmodell.

#22 kismet

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Posted 24 April 2009 - 04:55 PM

Nur kurz zu dem einen Punkt:

Seelischer Masochismus wäre es auch, Religionskritik primär mit naturwissenschaftlichen Mitteln betreiben zu wollen


Eher eine seelische Folter stellt für mich eine immer wieder ins leere laufende Diskussion über Religion dar, daher gelten nur naturwissenschaftliche Mittel. Alles andere ist nämlich nichts, um das man sich mit vielen leeren, gewichtig klingenden Worten unterhält, doch mit dem Nichts beschäftigen ist sinnlos. Ein Gott empfängt Millionen an Gebeten täglich, das sollte man messen können, wenn es soweit ist, bitte ich um Benachrichtigung, bis dahin ist Religion purer Schwachsinn und gehört so behandelt.
:)

Religionskritik ist zwar Zeitverschwendung aber dennoch notwendig in unserer heutigen Welt. Betreiben sollte man sie zwar mit allen Mitteln aber vor allem mit rationalen, naturwissenschaftlichen Mitteln. Alles anderes ist Unsinn; warum sollten wir uns auf das Niveau von Religion (i.e. Spekulation) bewegen? Da fällt einem folgender Spruch ein: Lege Dich nie mit einem Idioten an. Er zieht dich auf sein Niveau herunter und schlägt dich dann mit seiner Erfahrung.
Nachdem die naturwissenschaftlichen Mittel ausgeschöpft sind (oder wenn man gelangweilt ist), kann man natürlich die vernichtende moralische und philosophische Kritik an Religion nachziehen: Religionen sind widersprüchlich und nicht notwendig oder sogar schädlich für 'moralisches Handeln' (pragmatische Moral).

Die Naturwissenschaft zeigt deutlich, dass die bösartigen abrahamitischen Götter mit ziemlicher Sicherheit nicht existieren. Wenn ein Gott existiert, müsste es ein Gott im deistischen Sinne sein. Jedoch hat die Wissenschaft auch klar und deutlich gezeigt, dass es kein interventionistischer Gott ist (sowohl retrospektive als auch prospektive Studien zeigen, dass Gebete nutzlos sind).
Was ist die einzige Schlussfolgerung? Wenn ein Gott existiert, dann hat er keine Relevanz für unser Leben. Er interveniert nicht und ist unbegreiflich: irrelevant.

Ja, Luftballons! Luftballons! Luftballons! Und drauf schreiben wir: "There's probably no god. Now stop worrying and enjoy your life."

Edited by kismet, 24 April 2009 - 04:58 PM.


#23 Lothar

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Posted 24 April 2009 - 07:54 PM

Ihr wollt also ernsthaft in diesem demagogischen Stil weitermachen, um mit den Diskursfiguren und dem Empörungseifer der Religionskritik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wie sie jüngst auch von Richard Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn" wiederbelebt wurde, Anhänger für den modernen Immortalismus im frühen 21. Jahrhundert zu gewinnen? Und dies ohne mit einem einzigen Wort auf die skizzierte Todesorientierung des wissenschaftlich-rationalen und atheistischen Mainstreams einzugehen?? Gewissermassen, in der Sprache von Spiral Dynamics gesprochen, „Orange" und „Grün" prügeln auf „Blau" ein!?? Na da wünsche ich euch noch viel Vergnügen.

#24 karl_bednarik

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Posted 25 April 2009 - 04:49 AM

Hallo Lothar,

ich will ganz bestimmt keine Anhänger für den Immortalismus gewinnen.
Der Immortalismus ist doch keine Ideologie sondern eine Interessengemeinschaft.

Genau so gut könnten Steak-Esser den Steakessismus begründen,
weil ihnen eben Steaks gut schmecken.

***

Etwas störend finde ich aber, daß man in Deutschland und Österreich Embryonen
nicht auf genetische und embryonale Schäden untersuchen lassen darf.

Das zwingt einen eben dazu, daß man diese Test heimlich im Ausland machen
lassen muß, wenn man kein schwer geschädigtes Kind in die Welt setzen will.

***

Ich suche keine Menschen, die ich von meiner Meinung überzeugen kann.
Ich suche Menschen, die von vorne herein meine Meinung haben.

Menschen, deren Meinung man leicht ändern kann, sind mir nicht ähnlich.
Der Sinn meiner Selbstdarstellung ist der Karl-Bednarik-Ähnlichkeits-Test.

Jeder, der dies liest, nimmt an diesem Test teil, selbst dann, wenn er nicht antwortet.
Positive Ergebnisse klingen ungefähr so: "Das habe ich auch schon immer gesagt".

Mit freundlichen Grüßen,
Karl Bednarik.

#25 Guest_aidanpryde_*

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Posted 25 April 2009 - 02:48 PM

Dawkins hat nur das getan, wofür die Zeit schon lange reif war. Die Behauptung man könne über Religion nicht naturwissenschaftlich reden widerlegt und fast schon unantastbare, unberührbare Themen wieder der Kritik und der reinen Vernunft zugänglich gemacht. Schon allein wie er Phrasen auseinander nimmt wie: "Man sollte zumindest Respekt haben davor. Vor der anderen Meinung." Wovor denn bitte? Davor, dass jemand einfach nur dumm ist? Jemand der die Kenntnis der Bibel und anderer Märchen als Bildung bezeichnet? Dem Bewunderung entgegenbringen? Sollen wir denn Rassismus respektieren, nur weil es eine Meinung ist? Ich tue das nicht.

Ich habe einige schlechte Kritiken über sein Werk gelesen und bei allen frage ich mich, warum man eine Kritik schreibt, wenn man das Buch anscheinend nicht mal richtig gelesen hat, da Dawkins so vielen leeren Worten bereits zuvorgekommen ist. Interessant, dass ein so gut verkauftes und gutes Werk fast schon philosophischer Natur von einem Naturwissenschaftler kommt. Kismet ich denke du sprichst einen wichtigen Punkt an, in Bezug auf "sich auf ein anderes Niveau ziehen lassen". Ich denke das ist wichtig sich in der Tat nicht auf leere Diskussionen einzulassen, in denen Theologen etc. geübt sind, nämlich im Worte verdrehen und Realität weg lügen, da sie ja anscheinend an dieser leiden, sondern ständig Bezug auf die naturwissenschaftliche Grundlagen zu nehmen, auf die Realität und alles andere auszuschließen bzw. nicht zu beachten.

Es ist nichts daran demagogisch, wir äußern nur unsere ehrliche Einstellung. Außerdem klingt es ein wenig komisch, wenn man jemandem Demagogie gegen Religion vorwirft. Das ist in etwa vergleichbar, wie wenn ein Theologe einen Beweis für etwas fordert. :) Weichen wir mit allem dem nicht vom Hauptthema ab. Nämlich, dass wir sehr wohl Gründe darin sehen und enorme Gefahren einem solchen Menschenschlag überhaupt eine wirksame Meinung über die Wissenschaft zuzulassen. Damit meine ich, diesen eine Einflussnahme auf etwas zu geben, was ihnen verhasst ist. Ich sehe darin im Gegensatz zu dir Lothar eine sehr wohl relevante und für uns wichtige Thematik. Es wäre politisch wertvoll diese Einflussnahme nichtig zu machen. Denn insbesondere in Deutschland haben wir genug Gruppen, die sich für die Verblödung (ich sehe hier in Berlin die "Proreligion" Dummies rumlaufen) einsetzen und sich als Feinde der Zukunft ausweisen, Grüne, CSU etc.

Ich finde weiterhin, dass du etwas Wichtiges ansprichst, wenn du sagst es gäbe auch andere relevante Punkte, die man beachten müsste. Die Todesorientierung ist, glaube ich keineswegs eine atheistische Schwäche noch Eigenschaft, sie ist vielmehr der Gesellschaft an sich gemein. Es herrscht ein unglaublicher, kranker Selbsthass im Westen, hier in Deutschland unglaublich spürbar. Der Mensch ist Dreck, nichts wert, er zerstört den Planeten und ohne ihn wäre alles besser. Das sind Meme, die sehr wohl etabliert und genauso gefährlich sind wie die Kirche, die jedoch den Selbsthass und Ächtung des Menschen von Beginn an mit erzeugt hat und ihn weiter anheizt. Was ich leider bei den Predigern dieser "Weisheiten" vermisse, ist die endgültige Konsequenz. Wenn der Mensch so schlecht und verdorben ist, dann geht doch voran ihr Prediger des Todes und dem Planeten geht es gleich ein Stückchen besser.

Persönlich sehe ich für mich nicht viele Möglichkeiten etwas zu tun, nur mein Studium voranzutreiben, die Wissenschaft voranzubringen und auf das Beste zu hoffen, da ich nicht glaube, dass ich politisch und wissenschaftlich gleichzeitig effektiv aktiv sein kann. Hier vertraue ich auf Mitglieder wie dich Lothar, die mir denke ich in dieser Hinsicht insbesondere in puncto Eloquenz überlegen sind und somit auch in diesem Bereich mehr erzielen können. Hast du denn nachgedacht in solchen Gremien teilzunehmen oder tust du etwas in der Richtung bereits?

#26 kismet

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Posted 25 April 2009 - 04:18 PM

Ihr wollt also ernsthaft in diesem demagogischen Stil weitermachen, um mit den Diskursfiguren und dem Empörungseifer der Religionskritik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wie sie jüngst auch von Richard Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn" wiederbelebt wurde, Anhänger für den modernen Immortalismus im frühen 21. Jahrhundert zu gewinnen?


Ja, Richard Dawkins ist ziemlich demagogisch und ein Babymörder, Faschist und überhaupt asozial, oder? Maßlose Übertreibung. Richard Dawkins ist in seiner Wortwahl grundsätzlich gemäßigt und sein Buch ist bis auf wenige Zitate ausreichend neutral verfasst und - oh, Schande - auf leicht verständlichen Fakten aufgebaut. Außerdem, warum sollte irgendjemand bitte mit Religionskritik Leute für den Immortalismus gewinnen wollen, du schweifst ab; vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich unabsichtlich auf das Thema Religion zu sprechen kam... das hat aber nur sehr wenig mit dem Threadtopic zu tun. Es ging nur darum, dass Religion kein Recht hat bei bioethischen Entscheidungen mitzureden in einer sekulären Gesellschaft.
Und, ja, Religion wird attackiert mit den entsprechenden Mitteln (ich dachte ich hätte schon mehrmals erwähnt, dass man an die Sache pragmatisch herangehen muss, hier, brauchen wir aber keine Schönfärberei, sind ja schon alle konvertiert). Arschleckerei wie sie von NOMA gefordert wird praktiziere ich nur sehr begrenzt, aber wenn es sein muss eben auch. Zufrieden? :)

Vielleicht liegt es auch daran, dass wir verschiedene Zielgruppen ansprechen wollen. Wie gesagt, wenn ich öfter als unabsichtlich nötig mit Christofaschisten in Berührung käme, hätte ich Magengeschwürde. Deswegen bleibe ich lieber unter gemäßigten und toleranten Leuten, da kann ich auch mit dem Hammer philosophieren... Ich habe nicht vor die irrationalen Religionsfanatiker zu konvertieren, dafür habe ich nicht mal die Nerven.

Ist dir irgendeine Statistik bekannt wessen Religionskritik am erfolgreichsten war, dass du ihren Stil kritisieren kannst? Dass sie mehr Leute zum Humanismus konvertiert haben als wir ist denke ich klar; aber wie schlagen sie sich im Vergleich zu den "gemäßigten" Atheisten, Agnostikern, etc? Schon einmal eine Rede von Dawkins gehört? (die sind sogar noch gemäßigter als das ohnehin gemäßigte Buch... viel gemäßigter geht es auch nicht ohne sich selbst zu prostituieren)

EDIT: um noch ein edit draufzulegen.. jetzt wo ich wieder zu Sinnen gekommen bin, kann ich deine Kritik ohne Beweise so gar nicht stehen lassen. Das ist eine Beleidigung gegenüber Dawkins (und auch Myers) - hast du schon einmal daran gedacht, dass Dawkins v.a. (gemäßigte) Atheisten und Angostiker anspricht und ihnen klar macht, dass sie auf ihre Weise, irgendeine Weise, etwas am Status quo ändern müssen; z.B. dem christofaschistischen Wahnsinn in den USA?
Ohne Dawkins und Myers wüsste ich nicht mal wie verabscheuenswert die katholische Kirche doch ist...

Edited by kismet, 25 April 2009 - 04:49 PM.


#27 kismet

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Posted 26 April 2009 - 08:34 PM

"We are asking that this pretense that religion and science are compatible, and that the only way to get political support is for the majority of scientists to sit back and shut up about their rational views while the scientists who endorse superstition are propped up as our façade, has got to end." Ein passender Beitrag von den Atheisten die angeblich nie die Herzen der Gläubigen gewinnen...
Ich wunder mich ob man es auch so ausdrücken könnte: fuck the accommodationist approach  :p

#28 Lothar

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Posted 26 April 2009 - 10:18 PM

@ Karl Bednarik:

Du scheinst den Begriff „Selbst"erhaltungstrieb ja mehr in seiner psychologisch-metaphorischen Bedeutung zu verwenden, lach, aber dein biologischer Selbsterhaltungstrieb ist dabei wohl weniger ausgeprägt. Im Hauptforum gibt es beinah täglich neue Initiativen oder Projektvorschläge, die alle etwa auf die Gleichung hinauslaufen: Mehr Öffentlichkeit und gelungene Überzeugungsarbeit=mehr allgemeine Akzeptanz des Themas=mehr wissenschaftliche, staatliche, private und finanzielle Unterstützung=mehr Forschung=beschleunigte Ankunft von Langlebigkeitstechnologien. Das ganze öffentliche Auftreten von Aubrey de Grey und seine grundsätzlichen Zeitprognosen sind an dieses Muster geknüpft: Er sieht eine 50%ige Chance innerhalb von 25 Jahren die entscheidenden Durchbrüche zur „escape velocity" zu schaffen, aber NUR ab dem Zeitpunkt, ab dem eine massive finanzielle Förderung für das SENS-Projekt einsetzt: 1 Milliarde Dollar gerechnet auf zehn Jahre und nur für den Durchbruch in der Mausforschung. OHNE diese Förderung ist er wesentlich pessimistischer und orakelt sogar von bis zu 100 Jahren bis zum entscheidenden Durchbruch. Da du hier von uns der älteste bist, hätte das für dich die wichtigsten Konsequenzen, so daß es fast schon tragisch ist, wenn du eine der zentralen Voraussetzungen dieses Forums ablehnst. (Und auch diese Frage der allgemeinen Förderung ist ein wichtiges Thema des in der FAZ rezensierten Suhrkampbandes. @ Kismet: Könntest du vielleicht den Thread-topic-Titel korrigieren und das T durch ein Z ersetzen?)

Mir ist klar, daß du seit Jahren wesentlich optimistischere Prognosen in die Welt setzt, aber da du das ja immer unter der Prämisse tust, da sei alles sowieso nur deine Privatmeinung, das gälte nur für dich, du wolltest niemanden überzeugen usw., das heißt unter Aufgabe eines Verallgemeinerungsanspruches, muß man sich mit diesen Prognosen auch nicht weiter auseinandersetzen. Dementsprechend gibst du dir auch wenig Mühe für eine überzeugende Begründung, denn „du willst ja gar nicht überzeugen". Auf einer rein menschlichen Ebene gilt das gleiche. Solange dir die Meinungen von anderen so demonstrativ egal sind, wie du es immer wieder lauthals verkündest, werden sich andere im gleichen Ausmaß auch nicht für deine Meinung und deine Lebenswirklichkeit interessieren. Dabei sind ALLE Menschen längst Karl-Bednarik-"ähnlich", weil alle Menschen gleiche Grundanlagen teilen - es gibt aber nur einen Karl Bednarik und das wird auch immer so bleiben.

#29 Lothar

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Posted 26 April 2009 - 10:36 PM

@ Aidanpryde:

Du schreibst "Weichen wir mit allem dem nicht vom Hauptthema ab." Was ist aber wirklich das "Hauptthema" dieses Diskussionsstrangs? Das ist eine gute Frage, die auch verständlich macht, warum ich mich hier in dieser Form einbringen muß. Nun, es ist ein Sammelband mit verschiedenen Aufsätzen im Suhrkampverlag erschienen, die einen zusammenfassenden Überblick zur gesamten angelsächsischen Langlebigkeitsdiskussion bieten, um sie erstmals auf wissenschaftlichem und philosophisch-akademischem Niveau in den deutschsprachigen Raum hineinzutragen. Er bringt zehn Aufsätze plus einem Vorwort, in denen sowohl Anhänger wie Befürworter der extremen Langlebigkeit zu Wort kommen, darunter u.a. auch Michael R. Rose, der gerade kürzlich erst wieder hier auf ImmInst im Videointerview war. Daß auch das erste ImmInst-Buch in einer Fußnote des Vorworts Erwähnung findet, hatte ich schon geschrieben, nicht aber, daß dort u.a. auch Aubrey de Grey, Olshansky und Kurzweil zitiert werden. Ich habe durch Kismets irreführende weil falsch polarisierende Eingangsbemerkungen selbst ein paar Tage gebraucht, um zu realisieren, was hier in Wirklichkeit passiert ist, nämlich das Setzen eines absoluten Meilensteins in der intellektuellen Diskussion, der die Entwicklung des modernen Immortalismus auf Jahre hinaus prägen wird. Viele Uniseminare werden sich auf dieses Buch und seine Inhalte beziehen, viele hochrangige Autoren, Journalisten und Wissenschaftler usw., also die Quersumme aller Meinungsmultiplikatoren, die dann wiederum das Massenbewußtsein beeinflussen. Und dazu hat die Autorin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dann ihre nicht sonderlich profunde aber auch nicht völlig missratene Rezension geschrieben, auf deren Inhalt ich oben wenigstens stichwortartig eingegangen bin, bislang als einziger hier und das nach über einer Woche Diskussion und über zwei Dutzend Beiträgen.

Was macht Kismet dagegen: er liest irgendwo das Wort Bioethik, bekommt einen Anfall und schreibt in der Folge drauf los, was er immer schon mal gegen Bioethik und Religion los werden wollte, ohne weder den FAZ-Artikel noch das Buch weiter zu berücksichtigen. Tut mir leid, aber für solch eine völlig projektive Herangehensweise habe ich kein Verständnis. Schon gar nicht für den Stil der Auseinandersetzung: "Fluch" - "abscheuliches Monstrum" - "fucking commons sense" - "sadistische Sekte" - "Narren" - "bösartiger Tumor" - "Verbrechen gegen die Menschheit" - "Arbeitsbeschaffungsmaßnahme" - "seelische Folter" - "purer Schwachsinn" - "psychische Folter" - "Vergewaltigung von Kinderhirnen" - "Proreligion Dummies" - "Arschleckerei" - "fuck" usw. Mit diesen Haltungen, die ihr euch letztlich auch nur unter dem Schutzmantel einer völligen Anonymität leisten könnt, habt ihr in allen relevanten Debatten schon verloren, bevor sie überhaupt richtig angefangen haben, denn solche Gesprächspartner werden in Zusammenhängen, wo es um Analyse, Austausch von Argumenten und echte Kritik geht - und nicht um Beschimpfungen - gar nicht ernstgenommen. Wir sind hier auch keineswegs „unter uns". Das ist ein öffentliches Forum und alles ist nur einen Klick weit oder eine Suchmaschinenindexierung weit entfernt.

Es ist vor allem auch verrückt, daß ein Anlaß, der Grund zum FEIERN sein müsste - und zwar unabhängig davon, ob die kritischen Urteile in dem Buch letztendlich überwiegen oder nicht - Stichwortgeber für ein solches Generallamento über "Gott und die Welt" abgeben muß, denn mit diesem Buch ist das Langlebigkeitsthema im Zentrum der intellektuellen Debatten (im deutschsprachigen Raum) angekommen! Was muß denn NOCH passieren, damit ihr euch auch einmal freuen könnt, anstatt diese Art aggressiver Miesepetrigkeit auf den Weg zu bringen? Die Unsterblichkeitspille bei Aldi, Zehnerpack für 1,99??

Ähnlich ist es mit der Debatte um traditionelle Religion. Ich sehe das ganz einfach so: Das wissenschaftlich-rationale Weltbild der Aufklärung entstand durch die fundamentale Kritik der christlichen Religion und die Zurückweisung ihrer zentralen Glaubenswahrheiten: die Existenz eines übernatürlichen und ewigen Wesens namens Gott, des Jenseits und der Möglichkeit der Auferstehung bzw. der Unsterblichkeit der Seele. Traditionelle Religionen sind aber im Kern nichts anderes als archaische, vormoderne und letztlich fiktive, aus existentieller Not geborene, Antworten auf den Tod, wie der traditionelle Glaube dadurch auch nichts anderes als eine traditionelle Form des Immortalismus darstellt. Die atheistische Moderne hat diese Antworten zurückgewiesen, aber sie hat keine eigenen Antworten auf den Tod formuliert, und DAS ist letztlich auch der tiefere Grund für ihre aggressive Rhetorik in Sachen Religionskritik, als einfache Wiederkehr des Verdrängten. (Die psychoexistentiellen Zwischenglieder spar ich mir hier). Knüpft man daher formal an Rhetorik, Stil und Habitus der konventionellen Religionskritik an, bewegt man sich gewissermassen immer schon auf dem Gelände von Todesanhängern, humanistische Begründungen und Auftreten hin oder her, und nicht umsonst gibt es etwas in der Welt, das sich "Trans-Humanismus" nennt. Und daher ist der Stil der Debatte auch ein Anzeichen dafür, ob die vorgetragene Religionskritik bloß im Dienste konventioneller Weltanschauungen steht, oder ob sie tatsächlich schon in das Projekt um eine moderne Neubegründung der Unsterblichkeitsidee hineinreicht. Letztlich sind sogar schon die Schattenseiten von traditioneller Religion Ausdruck der Wiederkehr des verdrängten Todes, aber das wäre ein eigenes umfangreiches Thema. Wer sich NUR auf diese Schattenseiten focussiert, geht letztlich der Todesverdrängung des atheistischen Mainstreams auf den Leim, bekommt nicht das ganze Bild und zeichnet ein Zerrbild des religiösen Phänomens und der existentiellen Lage der menschlichen Gattung seit ihren frühesten Anfängen.

Dieses Zerrbild fängt in der Regel schon damit an, daß „Religion" mit den monotheistischen ("abrahamitischen") Großreligionen im allgemeinen, mit dem Christentum im besonderen, und der christlichen, christlich-katholischen Kirche im speziellen (mit dem Oberspezie Papst) gleichgesetzt wird, wobei die Polemik um so verzerrender wird, wenn man mit irgendwelchen Sünden der ferneren Vergangenheit argumentiert. Zur Lichtseite von traditioneller Religion gehören aber nicht nur die oben schon erwähnte Geburt und jahrtausendealte Kultivierung des Unsterblichkeitsgedankens, in welchen gebrochenen, fragwürdigen und heute natürlich zu kritisierenden Formen auch immer, sondern vor allem auch zentrale Phänomene der Religionspsychologie. Dem Unsterblichkeits"gedanken" entsprechen spezifische und benennbare, real existierende (und nicht bloß zu glaubende) Gefühls- und Erfahrungszustände, an die eine moderne Unsterblichkeitsbewegung anknüpfen muß, wenn sie POSITIVE MOTIVATIONEN für die extreme Langlebigkeit begründen will, die der Idee strukturell angemessen sind. Ich werde das in diesem Rahmen nicht weiter ausführen, ich habe das in der Vergangenheit und noch sehr vorläufig unter dem Stichwort "Transhedonismus" abzuhandeln versucht und wer sich dafür näher interessiert, wird die entsprechenden Beiträge finden.

Gebt euch keinen Illussionen hin: Dawkins beispielsweise ist nun einmal kein moderner Unsterblichkeitsanhänger, wie ich schon vor Jahren, vor der Veröffentlichung seines Buches "Der Gotteswahn", verwundert eingeworfen habe, daß die im Hauptforum geläufige Rede vom "immortality meme" den ganzen weltanschaulichen Hintergrund von Dawkins Theorien ausblendet: Nur Gene und Meme haben bei ihm eine höhere Lebensdauer, der einzelne Körper dient ihnen dagegen bloß als höchst vergängliche "survival machine". Ähnliches könnte man über unzählige (und in der Regel religionsferne) Biomediziner, Biogerontologen usw. ausführen, die letztlich ganz bestimmte Deutungen der Evolutionstheorie vortragen, in denen der Tod des einzelnen Organismus wesensnotwendig erscheint.

Von daher ist auch die Idee, traditionell religiöse Menschen seien prinzipiell Gegner moderner Biotechnologie wie atheistische Wissenschaftler per sé Befürworter geradezu komisch und diese ganze Debatte um Bioethik und ihre Kommissionen völlig in die Irre führend. Die schärfsten Gegner der Gentechnik sind oft auch lupenreine Religionsgegner und sie haben ganz andere Begründungen und Motive als die hier pauschal als wirkmächtigsten unterstellten konservativ-religiösen Fraktionen. Umgekehrt können auch Anhänger der religiösen Tradition partiell lebensdienlichere Einstellungen aufweisen als moderne Atheisten oder rationalistische Wissenschaftler usw. Vor allem treten rationalistisch-säkulare Wissenschaftler und radikale Atheisten auch als schärfste Kritiker der modernen Unsterblichkeitsphilosophie auf. Schon von daher verbietet sich eine undifferenziert positive Bezugnahme auf den wissenschaftlichen Mainstream, wie man insbesondere und immer wieder aufs neue im Kontext der Biogerontologie studieren kann. ("Den Jahren mehr Leben geben, aber nicht dem Leben mehr Jahre!" als Leitmotto dieser Haltung.)

Wenn ich hier bestimmte institutionalisierte Begründungsverfahren verteidige, dann in erster Linie, weil es mir um eine sachlich angemessene und differenzierte Diskussion geht und nicht um den Austausch von emotionalisierten Vorurteilen. Bioethische Fragestellungen an sich fand ich immer nur begrenzt interessant, denn moralische Sollensforderungen leiten sich zwar aus weltanschaulich-philosophischen oder religiösen Grundpositionen ab - aber nicht umgekehrt: die Klärung von ethisch-moralischen Fragen des menschlichen Zusammenlebens gibt noch keine Antwort auf die Wahrheitsfragen "in den letzten Dingen". Diese Wahrheitsfragen sind für mich aber immer die wichtigeren gewesen, von daher hätte ich keine Ambitionen auf Gremien diesbezüglicher Art.

Im Sinne einer sachlichen Diskussion und angesichts des intellektuellen Stellenwerts des Suhrkampbandes kann also ich nur jedem empfehlen, sich die einzelnen Texte und vorgetragenen Argumente genau anzueignen, um längerfristig eine eigene Position zu entwickeln. Die Bioethik hat hierzulande noch gar nicht die Debatte um potentielle Langlebigkeitstechnologien begonnen, wie es dort an einer Stelle im Vorwort heißt. Schon von daher ist der ganze Verlauf dieser Diskussion absurd. Ich habe das Buch selbst erst diese Woche erworben und bislang nur dieses Vorwort gelesen, das einen größeren Überblick zu den einzelnen Beiträgen bietet. Man findet letzteres aber auch frei im Internet auf der Seite des Suhrkampverlages:

http://www.suhrkamp....bestellnr=29500


@ Kismet:

Der größte Teil der Antwort an Aidanpryde war auch an dich gerichtet. Ich habe keinerlei Interesse über Bioethik oder Religion in einem frei assoziativen Sinne zu diskutieren, sondern wenn ich mich in einem Forum äußere, daß dem Ziel der körperlichen Langlebigkeit gewidmet ist, versuche ich alle Aussagen zu diesen Gebieten damit in grundlegende Verbindung zu bringen. Noch einmal in Kurzform: Religionsanhänger sind schon Immortalisten, konventionelle (säkulare, nicht "sekuläre") Religionskritik will sie gewissermassen zu Todesanhängern machen, der moderne Immortalismus knüpft in grundlegenden Orientierungen dagegen immer schon an den traditionellen an. Wir teilen mit den religiösen Menschen eben das allgemeine inhaltliche Ziel der Unsterblichkeit und unterscheiden uns nur in der Form von ihnen, während rationalistische Atheisten in der Regel und in ihren Wortführern eine inhaltlich-existentiell andere Grundorientierung aufweisen. Diese "Todesbesoffenheit" begünstigt wiederum unzählige andere soziale Pathologien, die auch Aidanpryde in seinem letzten Beitrag angedeutet hat bis hin zu aktuellen und künftigen Krisenphänomenen der unterschiedlichsten Art. Von daher ist das alles keineswegs ein "Abschweifen" sondern zielt gerade umgekehrt auf Essentials der tieferen geistigen Zusammenhänge.

Edited by Lothar, 26 April 2009 - 10:44 PM.


#30 karl_bednarik

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Posted 27 April 2009 - 06:11 AM

Hallo Lothar,
ich gebe Dir gerne eine kurze Begründung für meine Meinung.

Meine Vorgeschichte:

seit 1957 bewußter Wille zur Unsterblichkeit,
seit 1969 theoretische Entwicklung von Nanomaschinen,
seit 1970 molekularbiologische Arbeit im Sandoz/Novartis Forschungsinstitut Wien,
seit 1983 praktische Entwicklung von Nanomaschinen.

Ich war schon immer ein glückliches Einzelkind, ein glücklicher Einzelgänger, Einzeldenker, und Einzelkonstrukteur.
Ich habe ausreichend Raum, Zeit, Geld, Wissen, Kreativität, Hardware, und Software, um selbständig alles zu bauen, was ich bauen will.
Ich habe und will keine Untergebenen (Roboter ausgenommen), Mitarbeiter, und Vorgesetzte.
Ich habe und will keine Investoren, und ich habe und will auch nicht bei anderen investieren.
Patente, öffentliches Ansehen, und kommerzielle Erfolge interessieren mich nicht (Geltungssucht kommt von mangelndem Selbstbewußtsein).
Jeder darf jederzeit nachbauen, was ich baue, so wie es die Wikipedia durch die GNU-FDL sagt (ich schreibe auch für die Wikipedia).
Dazu dient meine Internetseite, besonders Robotik-Nanomedizin und Nanotechnologie-Der lange Weg in die Mikrowelt.
Ich bin ein freier Mensch.

Konsequenzen meiner Erfahrung:

Ich halte rein biotechnisch nicht viel von Aubrey de Grey und dem SENS-Projekt.
Natürlich ist Aubrey de Grey den meisten Menschen geistig weit überlegen (das ist nicht schwer).

Staatliche Förderungen nehmen sich neben dem Forschungsbudget von Pharmakonzernen winzig aus.
Die meisten Pharmakonzerne forschen intensiv an Geriatrika, weil das das Geschäft der Zukunft ist.
Ich halte es deshalb nicht für sinnvoll, Anhänger zu gewinnen, die dann für eine staatliche Förderung abstimmen.

Altern ist multifaktoriell, man benötigt viele verschiedene Medikamente gegen viele verschiedene Störungen.
Die wichtigsten Fortschritte zur Lebensverlängerung wurden von den Pharmakonzernen gemacht, lange, bevor die Philosophen begonnen haben, die Lebensverlängerung überhaupt erst zu bemerken.

Die Verlängerung meines Lebens rechtfertigt für mich auch eine Verringerung meiner Lebensqualität, weil ich dann auch noch spätere Forschungsergebnisse nutzen kann.

Ich halte nichts von Philosophen und Politikern, aber ich halte viel von Wissenschaftlern und Technikern, denn die letzteren beiden haben die Welt bereits deutlich verbessert (Richard P. Feynman sagte das auch).
Bill Gates, Paul Allen (beide Microsoft-Gründer), Steve Jobs, Steve Wozniak (beide Apple-Gründer), und viele andere haben gezeigt, daß sich gute technische Ideen schnell über die Welt ausbreiten, sogar ohne Werbung von Anhängern, und ohne staatliche Förderung.

Sobald Medikamente zur Lebensverlängerung in den Apotheken auftauchen, werden diese Medikamente auch von der schweigenden Mehrheit massenhaft gekauft, was die Produktion dieser Medikamente verbilligen wird.
Die schweigende Mehrheit interresiert sich nicht für Philosophie, aber die schweigende Mehrheit will weder humpeln noch zittern, und den Rest erledigt dann die freie Marktwirtschaft.

Das Mooresche Gesetz besagt, daß sich die Computerleistung alle eineinhalb Jahre verdoppelt.
Vor 15 Jahren war die Computerleistung 1/1024 der heutigen, und in 15 Jahren wird sie das 1024-fache der heuigen sein (2^10).
Das medizinische Wissen verdoppelt sich alle fünf Jahre, also wird es in 15 Jahren 8-mal so groß wie heute sein (2^3).

Besonders wirksam sind aber die Synergien zwischen Computertechnik, Robotik, Nanotechnologie, biologischer Forschung, und Medizin (in 15 Jahren also 1024 mal 8).
So beschleunigen und verbilligen schon heute winzige Chip-Labors viele Untersuchugen, und nur so kann man drei Milliarden Basenpaare mit ihren Auswirkungen auf die Proteine vergleichen.
Diese Synergien führen nachweislich zu einem über-exponentiellen Wachstum der Fähigkeiten, eben weil die Annahme eines exponentiellen Wachstums auf der Annahme von lediglich konstanten Fähigkeiten beruht.

Auch das Mooresche Gesetz besagte früher, daß alle zwei Jahre eine Verdoppelung der Fähigkeiten stattfindet, während jetzt nachweislich schon jedes Jahr eine Verdoppelung stattfindet.
Daher ist auch das Mooresche Gesetz selbst bereits über-exponentiell.
Vermutlich wachsen auch die Fähigkeiten der Nanotechnologie, der Robotik, und ihre Synergien untereinander, und mit der Computertechnik über-exponentiell.

Ich kann mein persönliches Schicksal nicht vorhersehen, aber ich arbeite daran.
Deshalb sind meine Beiträge immer so kurz.
Täglich eine Stunde zu schreiben oder zu lesen, das ist ein guter Ausgleich zu meinen anderen Tätigkeiten.

Es ist nicht mein Ziel, von allen Menschen beachtet zu werden.
Es ist aber mein Ziel, von jenen Menschen beachtet zu werden, die mir von vorne herein ähnlich sind.
Ich bin ziemlich sicher, daß mir darin alle jene Menschen, die mir von vorne herein ähnlich sind, lautlos zustimmen.

Gesund zu leben, und Geld für später benötigte Medikamente zu sparen, ist sicher kein Fehler.

Mit freundlichen Grüßen,
Karl Bednarik.

Edited by karl_bednarik, 27 April 2009 - 06:30 AM.





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